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Bezirksliga Staffel 3

TSV Oerlinghausen – Vom Jäger zum Gejagten

Der TSV Oerlinghausen überwintert als Tabellenführer der Bezirksliga Westfalen Staffel 3. Daran ändert auch der Ortsnachbar nichts.

 

 

Nachbarschafts-Fernduell um den Aufstiegsplatz

Bezirksliga 3 (ab). In der Bezirksliga Staffel 3 bahnt sich im ersten Halbjahr 2023 ein packendes Aufstiegsrennen an. Der TSV Oerlinghausen geht zwar als Tabellenführer in die Winterpause, doch Ortsnachbar TuS Lipperreihe lauert nur auf den kleinsten Ausrutscher der Bergstädter. Bemerkenswert: Die 39 Saisonzähler holte die Elf von Miron Tadic im Zeitraum vom zweiten bis zum 15. Spieltag mit 13 Siegen in Serie. Gegner am ersten und 16. Spieltag: Der TuS Lipperreihe. Gegen den Tabellenzweiten sah die Tadic-Elf in beiden Spielen nicht sonderlich gut aus und musste sich zweimal geschlagen geben. Wenn die Niederlage im Rückspiel aber ein gutes Omen ist, dann ist dem TSV der Aufstieg nicht mehr zu nehmen. Schließlich gewannen die Bergstädter nach der Hinrunden-Niederlage alle anderen Spiele.

 

Dieser Bericht wird präsentiert von:

 

 

Von André Bell

 

Tobias Dingerdissen

Erst seit dem 13. Spieltag belegt der TSV Oerlinghausen Platz eins der Bezirksliga Westfalen Staffel 3. Dass man an diesem Wochenende den TuS Lipperreihe überholen konnte, lag zum einen daran, dass sich der TuS eine kurze Schwächephase erlaubte und der TSV nicht. Denn zum anderen zeugen 13 Siege in Folge von einer Konstanz, die ihresgleichen sucht. Dabei hatte der TSV Oerlinghausen im Sommer „eine ganz schlechte Vorbereitung, wenn ich mich zurückerinnere“, beginnt TSV-Co-Trainer Tobias Dingerdissen seinen Rückblick auf die bisherige Spielzeit. Einen Großteil der Vorbereitungsspiele musste der TSV mit Spielern der zweiten Mannschaft bestreiten, „weil wir urlaubs- und verletzungsbedingt teilweise nicht mehr als sechs oder sieben Leute aus der ersten Mannschaft, aus einem Kader von 25 Mann, zusammenbekommen haben“. Entsprechend schwierig und schlecht ist die Vorbereitung verlaufen. Doch wie so oft galt auch diesmal der Leitsatz: „Wenn du eine schlechte Vorbereitung hast, läuft die Saison umso besser.“

 

Dingerdissen lobt Moral und Teamgeist

Tobias Dingerdissen erinnert sich an Spielzeiten, da lief es genau andersherum. Zum Beispiel vor der Spielzeit 2020/2021, die aufgrund der vorherigen abgebrochenen Corona-Saison ohnehin noch eine ganz besondere war, hatte der TSV Oerlinghausen eine starke Vorbereitung, lieferte starke Spiele und Ergebnisse ab, holte dann aber aus den ersten acht Spielen nur acht Punkte und war zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht weit von einem Abstiegsrang entfernt. Kürzlich hat man in der Mannschaft noch einmal über diese Spielzeit gesprochen, so Dingerdissen: „Wir sind uns gar nicht so sicher gewesen, ob wir uns hätten befreien können, weil wir nicht diese Moral und diesen Teamgeist, den wir momentan in der Mannschaft haben, an den Tag gelegt bekommen haben.“ Und dann hätte der TSV möglicherweise eine Liga tiefer um den Aufstieg mitgespielt. In dieser Spielzeit kam aber alles anders. Zumindest ab Spieltag zwei.

 

 

Erst Auftaktpleite, dann eine starke Serie

Miron Tadic

Denn zum Auftakt traf man gleich auf den TuS Lipperreihe. Ein Derby am ersten Spieltag ist ein gern gesehener Saisonopener, für den TSV kam das Spiel aber zu früh. „Nach der schlechten Vorbereitung kam direkt Lipperreihe. Direkt das Topspiel gegen eine junge Mannschaft, die laufstark ist. An dem Tag hatten wir schätzungsweise 50 Grad auf dem Platz und verlieren das Spiel nicht unverdient. Im Endeffekt muss man sagen, dass das Spiel einfach zum falschen Zeitpunkt gekommen ist“, so Tobias Dingerdissen. Doch ab dem Moment wendete sich das Blatt. Schon am zweiten Spieltag zeigte der TSV eine ansprechende Leistung und gewann verdient mit 2:0 bei der SG Hiddesen/Heidenoldendorf. Eine Serie nahm ihren Lauf. Gegen Dringenberg (6:0), Barntrup (2:0-Wertung), Peckelsheim-Eissen-Löwen (2:0), Lügde (6:0) und Borgentreich (2:0) blieben die Bergstädter ohne Gegentreffer. Und auf die Defensive war auch in den folgenden Spielen Verlass, wenngleich die Souveränität ein wenig verloren ging.

 

Nicht alle Spiele gehen „leicht von der Hand“

Andre Tichonovic

In den folgenden acht Spielen blieb der TSV Oerlinghausen „nur noch“ dreimal ohne Gegentor, gewann seine Spiele aber dennoch. Vor dem Rückspiel gegen den TuS Lipperreihe sammelte Oerlinghausen 13 Siege am Stück. Gründe für diese starke Serie gibt es zur Genüge. Zum einen stieg die Trainingsbeteiligung von Woche zu Woche und überhaupt klettert das Selbstbewusstsein ins unermessliche, wenn man jedes Spiel gewinnt, selbst, wenn man nicht überzeugend auftritt. „Wir haben gute Spiele gehabt, aber zwischendurch auch Spiele, wo wir ein wenig nachgelassen haben. Und dann merkt man natürlich auch wieder, dass es in der Staffel viel um Kampf und Aggressivität geht und dass die Siege da nicht ganz so leicht von der Hand gehen“, erklärt Dingerdissen. Trotzdem, als Bilanz bleibt festzuhalten, dass der TSV Oerlinghausen „als Team hervorragend aufgetreten“ ist. Daran haben auch Neuzugänge wie Andre Tichonovic oder Jannik Schröder ihren Teil zu beigetragen.

 

 

Gute Sommertransfers

Jannik Schröder

Denn „wir haben uns vor der Saison nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verstärkt“. Mit Benjamin Kolodzig, der vom Landesligisten FC Kaunitz kam, hat ein Zugang verletzungsbedingt nur ein Ligaspiel absolvieren können. „Aber da hat man schon in den paar Spielen, die er in der Vorbereitung teilweise mitgemacht hat, gemerkt, was er für eine Qualität auf den Platz bringt“, so der Co-Trainer. Voll eingeschlagen haben die anderen beiden neuen. Jannik Schröder kam vor der Saison vom FC Gütersloh aus der Oberliga und ist „immer besser in die Saison reingekommen und aus der Mannschaft gar nicht mehr wegzudenken“. Und auch Andre Tichonovic, der von Westfalenliga-Absteiger VfB Fichte Bielefeld gekommen ist, „hat die Defensive immens verstärkt“. Zudem bringt sich Tichonovic auch offensiv immer wieder mit ein und hat bereits fünf Saisontore erzielt. Insgesamt ist der TSV Oerlinghausen durch die Sommertransfers „variabler aufgestellt“.

 

„Nicht ganz unverdient“ Tabellenerster

Und nach dieser famosen Hinrunde ist der TSV, „wenn man sich die Spiele mal anschaut, auch nicht ganz unverdient“ Tabellenerster, findet Tobias Dingerdissen. „Wir waren lange Zeit der Jäger und wir haben immer gesagt, wir wollen mehr. Wir wollen dranbleiben, wir beabsichtigen nicht aufzugeben.“ Gesagt, getan. Am 13. Spieltag war es so weit, der TuS Lipperreihe patzte und musste Oerlinghausen vorbeiziehen lassen. Zwischenzeitlich hatte der TSV vier Punkte Vorsprung auf den Ortsnachbarn. Davon hat man aber drei nach der Klatsche im Rückspiel wieder eingebüßt, weshalb davon auszugehen ist, dass es ein packendes Aufstiegsrennen zwischen Oerlinghausen und Lipperreihe geben wird. Die Konkurrenten aus Höxter, Stukenbrock und Lemgo haben bereits 16 Punkte Rückstand auf den Tabellenführer.

 

 

Dingerdissen: „Alle Spieler sind auf einem Niveau“

Mit der Tabellenführung ändert sich aber auch die Ausgangslage für den TSV Oerlinghausen, so Dingerdissen: „Wir sind nicht mehr der Jäger, sondern sind vom Jäger zum Gejagten gewechselt und das ist natürlich eine ganz andere Herangehensweise. Man hat, und so ging es Lipperreihe wahrscheinlich auch, immer ein bisschen Druck, wenn du der Gejagte bist.“ Genau davon will man sich beim TSV aber nicht anstecken lassen und einfach sein „Ding weiter durchziehen. Wir denken von Spiel zu Spiel“. Natürlich gilt es aber auch, „so aufzutreten, wie es sich für einen Spitzenreiter gehört. Wir müssen auf die eigenen Stärken vertrauen. Das ist das, was uns die letzten Wochen und Monate ausgezeichnet hat, was uns als Team stark gemacht hat“, so der Co-Trainer. Dabei spielt es laut Dingerdissen auch keine Rolle, wer auf dem Platz steht: „Mittlerweile ist egal, wer spielt, alle sind auf einem Niveau und so sind wir natürlich variabel aufgestellt und auch flexibel, wenn mal einer verletzt ist oder ein Wehwehchen hat.“

 

Lipperreihe war zweimal „klar überlegen“

So kann es sich Miron Tadic auch mal erlauben, einen angeschlagenen Spieler für ein oder zwei Spiele außen vorzulassen, um kein unnötiges Risiko einzugehen. „Diese komfortable Situation hat und letzte Saison gefehlt und die ist jetzt ein weiterer Grund dafür, dass wir momentan so gut dastehen“, erklärt der Abwehrmann. Wäre da nicht diese 2:5-Niederlage gegen den TuS Lipperreihe am letzten Spieltag vor der Winterpause. Die Niederlage wirft beim TSV Oerlinghausen niemanden um, immerhin liegt man noch an der Tabellenspitze, doch der Vorsprung auf den Ortsnachbarn beträgt nur noch ein Punkt. Dennoch ist es „ärgerlich, zweimal gegen den direkten Konkurrenten deutlich zu verlieren. In beiden Spielen war Lipperreihe klar überlegen, das muss man fairerweise festhalten“, stellte Tobias Dingerdissen unmittelbar nach der Partie fest.

 

 

„Dürfen uns nicht noch einmal so präsentieren“

Aber Fakt ist auch, „dass wir immer noch Spitzenreiter sind und uns nicht darauf verlassen müssen, dass Lipperreihe noch einmal patzt. Wenn wir unsere Hausaufgaben in der Rückrunde ähnlich gut machen wie in der Hinrunde, dann werden wir auch am Ende der Saison ganz oben stehen“. Bis dahin ist es aber noch ein „langer Weg“, das weiß auch Tobias Dingerdissen: „Es sind noch einige Spiele und wir dürfen uns in keinem dieser Spiele noch einmal so präsentieren.“ Denn auch, wenn die Konkurrenz punktemäßig weit weg ist, können Teams wie Höxter, Lemgo oder Jerxen-Orbke jederzeit zu einem Stolperstein werden. Andererseits machen genau solche Spiele den Reiz aus für Tobias Dingerdissen: „Wir wollen uns mit den besten der Liga messen und solche Spiele sind geil für jeden Fußballer, wenn es ums Eingemachte geht, wenn du Teams auf Augenhöhe hast.“

 

Ziel vor der Saison: Top-Fünf

Grundsätzlich sind in der Liga natürlich „nicht alle auf einem Niveau“, aber viele Teams sind „sehr spielstark“ und Spiele gegen solche Teams sind die Spiele „für die man Fußball spielt“. Im Optimalfall würde der TSV Oerlinghausen die Tabellenführung selbstredend gern noch „weiter ausbauen“ und Lipperreihe distanzieren. Dass der TSV Oerlinghausen überhaupt in dieser komfortablen Lage ist, kommt aber selbst für die TSV-Kicker ein wenig überraschend, muss Tobias Dingerdissen zugeben: „Vor der Saison haben wir uns das Ziel gesetzt, unter die Top-Fünf zu kommen und wenn es gut läuft, unter die Top-Drei.“ Dass es aktuell „so gut läuft, davon haben viele geträumt, aber dass es so umgesetzt werden konnte, war nicht zu erwarten“, was sicher auch mit der Vergangenheit zu tun hat, denn: „Gerade gegen die vermeintlich leichten Gegner haben wir uns in den letzten Jahren schwergetan und auch auswärts immer wieder Probleme gehabt.“

 

 

Vorbereitungsstart Mitte Januar

Phasenweise war das auch in dieser Spielzeit noch zu merken, beispielsweise im Heimspiel gegen den guten Aufsteiger FC Kastrioti Stukenbrock. Früh lag der TSV mit 0:1 hinten, spielte ab der achten Minute aber in Überzahl, tat sich aber dennoch sehr schwer. „Wir haben gegen Kastrioti nicht unser bestes Spiel gemacht, sind aber als Team und als Männer aufgetreten und haben das Ding einfach umgerissen“, so Dingerdissen rückblickend. Auch solche Spiele gehören einfach dazu, kein Team marschiert problemlos durch die ganze Liga. Diese Spiele dann aber noch gewinnen zeugt von einem starken Charakter und einem großen Willen, der für große Ziele unerlässlich ist. Jetzt geht es aber erst einmal in die wohlverdiente Winterpause. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt allerdings nicht, denn Mitte Januar beginnt die Vorbereitung und am 22. Januar steht das erste Testspiel an. Und das ohne personelle Veränderungen, Transfers sind in der Winterpause nicht geplant.

 

Gute Testspielgegner – Pokal-Endspiel gegen Lipperreihe möglich

Für die Winter-Vorbereitung hat sich der TSV Oerlinghausen bewusst gute Gegner ausgesucht. Los geht es bei Türkgücü Gütersloh, aktuell Tabellenzweiter der Bezirksliga Staffel 2. Es folgt der Vergleich mit Landesligist Post TSV Detmold, ehe die A-Liga-Aufstiegsaspiranten TuS Ahmsen und SV Werl-Aspe in Oerlinghausen vorstellig werden. Den letzten Feinschliff holen sich die Bergstädter gegen den niedersächsischen Bezirksligisten FC Pyrmont Hagen, ehe am 26. Februar das erste Punktspiel des Jahres 2023 gegen die SG Hiddesen/Heidenoldendorf ansteht. Gegen Ende der Saison könnte es im Übrigen auch noch einmal ein Wiedersehen mit dem TuS Lipperreihe geben, denn sowohl der TSV als auch der TuS stehen im Halbfinale des Lemgoer Kreispokals und sind in ihren Duellen beim TuS Helpup beziehungsweise gegen den TBV Lemgo Favorit. Somit könnte auch im Pokalfinale am 18. Mai das gleiche Duell anstehen, welches in der Bezirksliga Staffel 3 vermutlich bis zum letzten Spieltag ausgetragen wird.

 

 

„Wenn du oben stehst, willst du um den Aufstieg mitspielen“

Und das will der TSV Oerlinghausen für sich entscheiden, so Tobias Dingerdissen. Das Ziel „Aufstieg“ will der Verteidiger zwar so direkt nicht aussprechen, aber wenn du „ganz oben bist in der Tabelle stehst, willst du auf jeden Fall um den Aufstieg mitspielen. Alles andere wäre gelogen. Wenn ich jetzt sage, wir sind froh, dass wir oben stehen, aber wollen irgendwo im gesicherten Mittelfeld landen, ist das natürlich quatsch.“ Mehr als einen Zweikampf um den Aufstieg wird es laut Tobias Dingerdissen auch nicht mehr geben: „Es kann natürlich noch viel passieren, aber nach jetzigem Stand würde ich davon ausgehen, dass es ein Zweikampf um den ersten Platz zwischen Lipperreihe und uns werden wird.“ Und wenn die Tadic-Elf bis zum letzten Spieltag die Möglichkeit aufzusteigen, dann will man diese Chance auch am Schopfe packen: „Es geht nicht darum, wer heute Erster ist oder wer nach Spieltag 20 Erster ist, es geht darum, wer am letzten Spieltag Erster ist, und dieses Ziel haben wir uns gesetzt.“

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