Lucky Punch als verdienter Auswärtssieg

Spielbericht

(hk). Manchmal ist der Fußball so schlicht und einfach. Freud und Leid liegen extrem eng beieinander. Wie im Fall vom Hansestadt-Derby zwischen dem TSV Kirchheide und dem VfL Lüerdissen. Ein Match, das die Gäste eine Minute vor dem Schlusspfiff durch einen Treffer von Patrick Günther mit 1:0 für sich entscheiden. Kirchheide-Sprachrohr Andreas Siebert gibt es ehrlich zu: „Ein klar verdienter Sieg für den VfL Lüerdissen. Auch wenn das Ergebnis mit 0:1 gut aussieht, ist es ein bisschen geschmeichelt, wenn man den Spielverlauf und die Chancen sieht.“ VfL-Spielertrainer Tim Steffen atmet ganz tief durch: „Das war heute ein schweres Stück Arbeit gegen Kirchheide, die diszipliniert verteidigt haben, sehr tief standen.“

Von Henning Klefisch

Tom Limberg

Steffen, ein exzellenter Kenner der lippischen Fußball-Szene, bescheinigt den Männern vom Westhang, über einen „überragenden Torhüter“ zu verfügen. In der Tat: Vielfach feuern die Lüerdisser aus allen möglichen Lagen auf das von Tom Limberg gehütete TSV-Gehäuse. Wie eine Krake pariert er auch die schwierigsten Bälle, bringt die gegnerischen Schützen damit zur Weißglut. Auch die Kirchheider Abwehrreihe verrichtet einen hervorragenden Job, verteidigt konzentriert und diszipliniert, weshalb die Gäste bis Mitte der ersten Halbzeit keinerlei Durchkommen finden. Rudimentär besser wird es in Sachen Torgefahr nach der von Referee Marco Prüßner verordneten Trinkpause. VfL-Offensivmann Heiner Beckmann scheitert gleich dreimal. Was ist passiert? Zunächst holt er einen Rückstand von sechs Metern zum Gegenspieler dank einer nachahmenswerten Dynamik auf, erobert das Spielgerät. Dieses knallt er auf den Kirchheide-Kasten. Limberg hält den ersten, ebenfalls den Abpraller. Aller guten Dinge sind drei? Mitnichten, denn auch beim dritten Schuss, mit dem linken Fuß abgegeben, geht Limberg als Sieger aus diesem persönlichen Duell hervor. Steffen spricht in diesem Zusammenhang von „dem Highlight der ersten Halbzeit.“ Siebert von einer „Weltklasse-Aktion.“ Er freut sich zudem, dass seine Mannschaft in den ersten 45 Minuten sehr stabil steht, dem Favoriten nur wenige Entfaltungsmöglichkeiten gewährt. Mit viel Laufarbeit und einem großen Investment ersticken die Kirchheider bereits Torchancen im Keim. Überragend, wie vielbeinig und leidenschaftlich gegnerische Angriffsaktionen verhindert werden. Bis auf eine eigene Ecke haben die Hausherren nur zwei weitere nennenswerte Offensivaktionen anzubieten. Zum Eckball: Finn-Joel Heinze schlägt den ruhenden Ball auf den kurzen Pfosten. Capitano Philipp Winter verlängert, doch ein Mitspieler kommt hier nicht zum Torabschluss. In zwei weiteren Szenen wird die Kugel weit in den gegnerischen Strafraum geschlagen, aber der umsichtige VfL-Torhüter Fabian Klatt macht es stets souverän. Per Faustabwehr und indem er den Ball fängt.

Zentimeter-Arbeit von Patrick Günther

Patrick Günther

Der Gäste-Coach nimmt zur Halbzeitpause so einige Umstellungsmaßnahmen vor, um vor allem die Angriffswucht weiter zu steigern. Immerhin steigert sich der Offensiv-Elan etwas. Jan Batzer scheitert gleich zweimal, Sebastian Lehmeier vergibt sehr vielversprechend per Kopfballchance. Patrick Günther scheitert per Drehschuss ebenfalls an Limberg. In der 89. Spielminute ist allerdings auch der überragende Schlussmann machtlos. Nach einem seitlichen Freistoß von Tim Krüger köpfen die Kirchheider das Objekt der Begierde zunächst aus der Gefahrenzone heraus. Bis zur Strafraumkante, wo Kenneth Klocke schießt, ihm die Kugel beim Schuss etwas über den Schlappen rutscht. Sie gelangt zum links positionierten Günther, der clever nach innen zieht, sich einmal um die eigene Achse dreht und dann den Ball in die kurze Ecke schießt. „Wenn der Ball, von uns aus betrachtet, zehn Zentimeter weiter rechts geflogen wäre, wäre der TSV-Fänger auch da wieder dran gewesen“, schildert Steffen. So aber ist Günther der viel umjubelte Matchwinner in diesem umkämpften Vergleich.

„Wir haben es gewollt“

„Lüerdissen war die klar bessere Mannschaft. Läuferisch und spielerisch waren sie uns überlegen. Wir haben 95 Minuten gefightet“, wünscht sich Andreas „Berti“ Siebert, die positiven Erlebnisse mit in die kommenden Partien zu transportieren.

Fynn Simon

„Das ist bitter für Kirchheide, weil sie alles gegeben haben. Über 90 Minuten hatte Kirchheide aber keine große Torchance, mussten mit Fynn Simon ihren stärksten Offensivmann nach 20 Minuten verletzungsbedingt auswechseln“, ist dies ein echter Nachteil gewesen. Entscheidend, warum die Lüerdisser das gegnerische Abwehrbollwerk letztlich zum Einsturz bringen, ist die große Portion Geduld, die das Gäste-Team an den Tag legt. Tim Steffen stellt wohlwollend fest: „Wir haben die richtige Mischung gefunden, aus erzwingen und den Ball in den eigenen Reihen halten, um weiter vorne gefährlich zu bleiben.“ Natürlich, das Siegtor geschieht zu einem extrem späten Zeitpunkt. Dennoch ist dieses „nicht unverdient gefallen“, bemerkt der VfL-Coach. „Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, dass wir ein Spiel, in dem wir überlegen waren, so knapp gewinnen. Wir haben es gewollt. Das hat man bei der Mannschaft gesehen. Kompliment wiederum dafür, dass wir bei den Temperaturen nicht aufgesteckt haben“, zeigt sich Steffen extrem angetan von der intrinsischen Motivation seiner Schützlinge.

Fazit: Unglaublich leidenschaftlich verteidigt der TSV Kirchheide in diesem Spiel, doch wird nach einer Unaufmerksamkeit kurz vor dem Schlusspfiff mit dem entscheidenden Gegentor bestraft. Der Auswärtssieg für die stetig bemühten und anrennenden Gäste ist verdient. Es wird kein Gourmet-Fußball angeboten, eher gute deutsche Hausmannskost.

Tor:
0:1 Patrick Günther (89. Min.)