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„Man muss an sich glauben“

Spielbericht

(hk). Wer den Irrwisch Ender Ünal so beobachtet, der könnte ohne Gewissensbisse glauben, dass er mit den Fingern in der Steckdose einschläft. Wie ein Flummi bewegt sich der TSV Horn-Manager am Spielfeldrand, demonstriert dort die komplette Bandbreite jeglicher Emotionen. Wenn man nicht wüsste, dass Ünal Frau und Kinder hat, läge der Verdacht nahe, er wäre mit dem Türkischen SV Horn glücklich verheiratet. Viel Zeit investiert er für seinen Herzensverein, weshalb der gestrige 2:1-Pokal-Sieg über den Lokal-Rivalen TuS Horn-Bad Meinberg mit dem dazugehörigen Einlösen des Viertelfinal-Tickets für das mannigfaltige Investment entschädigt.

 

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Von Henning Klefisch

 

Servet Altan

Servet Altan

Es klingt fast schon zu schnulzig, möglicherweise zu inflationär, wenn der Autor dieser Zeilen in die Tasten haut, dass Ünal seinen Verein lebt und liebt, doch genauso ist es. Der frühe Vogel fängt den Wurm beim explosiven Energiebündel. Um 5.00 Uhr begann für ihn ein neuer Tag, um 5.30 Uhr seine Arbeit, um 14.00 Uhr ging es in den Feierabend. Bereits ab 16.00 wieselte er im Egge-Stadion herum, um alles akkurat für den großen Abend vorzubereiten. Daher dominiert bei ihm die Genugtuung, als er im Gespräch mit Lippe-Kick berichtet: „Dieser Sieg ist für mich und den TSV Horn ein emotional wichtiger Sieg.“ Die Voraussetzungen sind alles andere als günstig für die Hausherren, die fünf Verletzte ersetzen müssen. In der Anfangsphase müssen zudem mit Mehmet Colka und Servet Altan zwei Innenverteidiger lädiert ausgewechselt werden.

 

„Haben uns nicht belohnt“

 

 

Chris Capelle

Die Gäste aus dem Waldstadion treten selbstbewusst und sicher in ihren Kombinationen auf. Insbesondere über die rechte Flanke initiieren sie zahlreiche Gefahrenmomente. Allerdings mangelt es zu häufig am finalen Zuspiel, wird doch der geeignete Adressat zu oft nicht gefunden. Nach Aussage von TuS-Trainer Toni Knöfel wird seinem Team von Referee Kohder Soulemain-Omeirat sogar ein Handelfmeter verwehrt. Ab der 25. Spielminute müssen sie dann noch einem Rückstand hinterherlaufen, als Marco Stellmach (Bild links) nach einem maßgerechten Freistoß von Chris Capelle die Kurstädter vor 250 Zuschauern mit 1:0 in Führung schießt. „Bis zur Pause bleiben wir dann durch Konter präsent, aber werden vier-, fünfmal zurückgepfiffen. Ob das wirklich jedes Mal Abseits war, mag ich zu bezweifeln“, freut Knöfel sich dennoch über den knappen Pausenvorsprung. Beeindruckend ist für Ender Ünal: „Wir haben nie den Glauben an den Sieg verloren.“ TuS-Trainer Toni Knöfel stellt mit Bedauern in seiner Stimme fest: „Ich bin ein wenig enttäuscht, weil wir uns für wirklich gute erste 45 Minuten nicht belohnt haben.“

 

„Geht raus und spielt Fußball“

 

Ein Walerij Lobanowskyi ist TSV Horn-Coach Rytis Narusevicius ganz bestimmt nicht, ein Jürgen Klopp ebenfalls nicht. Aus rhetorischen Gesichtspunkten wohl eher ein Franz Beckenbauer, als er seinem Team die einfache Botschaft mit auf den Weg gibt: „Geht raus und spielt Fußball. Gebt diesen Zuschauern das, was sie verdienen.“ Er meint mutmaßlich das Weiterkommen. Ünal ist stolz, als er gegenüber Lippe-Kick berichtet: „Ich bin 20 Jahre in diesem Geschäft, kann nur meine Jungs loben.“ Weil: „In der zweiten Halbzeit haben sie gezeigt, dass es in Horn-Bad Meinberg nur einen Derbysieger geben kann, das ist der TSV Horn.“ Knöfel vermisst von seinem Team „alles, was wir die erste Halbzeit gut gemacht haben“, geben seine Jungs den spielstarken Hausherren zu viele Räumlichkeiten zur freien Entfaltung.

 

Knöfel bemängelt das „zweierlei Maß“

 

 

C. Keles

Nach einer knappen Stunde Spielzeit egalisiert Cihat Keles per verwandeltem Elfmeter. Nach Ansicht von Knöfel ist dies ein „wirklich sehr fragwürdiger Pfiff.“ Was bei ihm die Emotionen Tango tanzen lässt: „Ich sehe aus 60 Meter Entfernung, wie der Spieler einfach hinfällt und der Schiedsrichter war locker 40 Meter dichter dran.“ In der Folgezeit entwickelt sich eine hektische, eine verteilte Partie. 20 Minuten vor dem Schlusspfiff ereignet sich eine Szene, die bei Knöfel für reichlich Unverständnis sorgt.

Milcan Colak

Ein TSV Horn-Kicker geht als letzter Mann in ein Duell mit dem wieselflinken Capelle. Dieser legt sich das springende Spielgerät auf Höhe der Mittellinie am Kontrahenten vorbei „und wird klar zu Boden gerissen“, wie der Coach des TuS Horn-Bad Meinberg bei Lippe-Kick schildert. Es gibt nur eine logische Entscheidung für ihn: „Glatt rot.“ Der Schiedsrichter verhängt noch nicht einmal ein Foulspiel, weshalb Knöfel das „zweierlei Maß“ bemängelt, was in diesem Spiel Anwendung findet. Sieben Minuten vor dem Schlusspfiff markiert Milcan Colak den 2:1-Siegtreffer, der aus einem gegnerischen Einwurf entstanden ist, der von den Gästen läppisch verteidigt wird.

 

„Wo ein Glaube ist, ist auch ein Weg“

 

Ender Ünal ist ein menschliches Bündel voller Glückseligkeit: „Der Vorstand dankt seinen Jungs für diese super Leistung. Man darf nicht vergessen, unter diesen Bedingungen auf diesem roten Aschenplatz zu spielen, ist um diese Jahreszeit nicht angemessen.“ Ohne sieben Akteure müssen die Rot-Weißen dieses Spiel bestreiten, „aber wir haben es unseren Fans, unseren Sponsoren, unseren Gönnern gezeigt, wo ein Glaube ist, ist auch ein Weg zum Segen. Für mich persönlich ist das ein sehr wichtiger und hart erkämpfter Sieg. Die Jungs haben mir das mit einer tollen Leistung zurückgegeben.“ Die Botschaft aus diesem Spiel lautet: „Man muss an sich glauben. Ich sage nur: Derbysieger, hey, hey. Ich bin einfach nur glücklich.“ Dem unterlegenen Orts- und Liga-Konkurrenten wünscht er an dieser Stelle alles Gute und eine gute Saison.

 

Knöfel klärt die Schuld-Frage

 

 

Toni Knöfel

Toni Knöfel bilanziert im Gespräch mit Lippe-Kick: „Der TSV war in diesem Spiel nicht die bessere Mannschaft über 90 Minuten. Dennoch haben sie halt einfach unsere Verunsicherung ausgenutzt und aus, bis zum 2:1, einer echten Chance zwei Tore gemacht.“ So haben seine Jungs wahrlich einen guten Spielstart hingelegt, lassen dann etwas nach, weshalb dies für das erhoffte Weiterkommen nicht ausreicht. Toni Knöfel ist ein echter Sportsmann, als er gegenüber Lippe-Kick kundtut: „Ich wünsche dem TSV als Fahnenträger für die Stadt Horn ein bestmögliches Gelingen. Nicht der Schiedsrichter ist schuld an unserem Ausscheiden, sondern schon wir selber.“

 

Fazit: Ein wahrlich spektakuläres Fußballspiel, das ohne Weiteres auch der TuS Horn-Bad Meinberg hätte als Gewinner beenden können. So einige aufregende Szenen sind anzutreffen. Dank der Leistungssteigerung im zweiten Durchgang gewinnt der TSV Horn dieses Orts-Derby keineswegs unverdient.

 

Tore:
0:1 Marco Stellmach (25. Min.)
1:1 Cihat Keles (per Elfmeter; 58. Min.)
2:1 Milcan Colak (83. Min.)

Details

Datum Zeit Liga Saison Spieltag
18. August 2022 0' Kreispokal Detmold 2022/23 Achtelfinale

Spielort

Eggestadion
Am Eggestadion 6, 32805 Horn-Bad Meinberg, Deutschland

Ergebnisse

Club1st Half2nd HalfGoalsSpielausgang
Türkischer SV Horn022Win
TuS Horn-Bad Meinberg101Loss

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