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Die wilde Ahmser Aufholjagd

Spielbericht

(hk). Dieses Spitzenspiel hat diesen Namen absolut verdient. Für Hypochonder ist dieses Aufeinandertreffen allerdings ganz bestimmt nichts, ist doch der Spielverlauf atemberaubend, rasant und emotionsgeladen zugleich. Den Überraschungs-Ei-Freunden kommt es bekannt vor: Spiel, Spaß und Spannung, werden somit auch die Alliteration-Liebhaber verwöhnt. Das Drehbuch hat Hitchcock-Qualität: Der TBV Lemgo II führt nach 35 Minuten bereits mit 2:0. Im Laufe vom zweiten Durchgang entscheidet der Gastgeber TuS Ahmsen diese spannende Angelegenheit indes mit 3:2 für sich.

 

 

Von Henning Klefisch

 

 

 

 

 

J. Ehlert

Auf Augenhöhe geht es in den ersten zehn Minuten zur Sache. Bis fünf Minuten vor dem Pausenpfiff übernehmen die Hansestädter klar die Initiative. Coach Benjamin Rawe lobt sein Team: „Wir waren stark im Pressing, in der Balleroberung, haben hinten ganz wenig zugelassen und haben clever nach vorne gespielt.“ Die Ahmser haben einzig nach zwei Eckstößen gefährliche Kopfbälle, die allerdings nicht im Netz landen. Äußerst aufmerksam sind die Lemgoer Manndecker, die die Ahmser Angreifer Jörn Seifert und Niclas Lehbrink zunächst rigoros an die Kette legen. Da das Kombinationsspiel der Johannfunke-Jungs erkennbar stockt, fokussieren sie sich auf weite Schläge, die sogar durch den Gegenwind eingedämmt werden. Zielstrebiger sind da schon die Lemgoer, die durch Jan Ehlert (20. Min.) und Vitali Rachlinski (per Elfmeter; 35. Min.) auf 2:0 stellen. Beim Führungstor erobert sich Marcel Funke das Spielgerät, setzt per Steckpass Jonas Hildebrand in Szene. Der ist gewohnt uneigennützig, sieht den glänzend postierten Ehlert. Eine Viertelstunde später wird der Ex-Ahmser Ehlert mit einem langen Hieb auf die Reise geschickt. Der gegnerische Innenverteidiger unterschätzt dieses Zuspiel, TuSA-Fänger Till Käufer bringt ihn zu Fall. Nervenstark trifft Rachlinski zum 2:0. Mit der Darbietung seiner Männer zeigt sich TuS Ahmsen-Cheftrainer Thomas Johannfunke zunächst überhaupt nicht einverstanden: „Wir sind sehr schleppend ins Spiel hereingekommen, Lemgo war einfach griffiger, mit Ehlert in der Spitze, brandgefährlich. Ihn haben wir nicht in den Griff bekommen“, ist der emsige Angreifer ein stetiger Unruheherd.

 

 

„Glücklicher Elfmeter“ bringt das Anschlusstor

 

T. Johannfunke

„Dann kommt Ahmsen aus dem Nichts zurück ins Spiel durch einen Elfmeter, den man geben kann, aber nicht muss“, meint Rawe. Er geht ins Detail: „Ungeschickt von unserem Verteidiger, aber es ist ein Gestocher und am Ende ist der Kontakt da. Der Ball war auch im Spiel, aber halt auch die Berührung am Fuß.“ Lehbrink ist das alles egal. Er legt sein Können und seine Konzentration in den Elfmeter und trifft nach 43 Minuten vom Punkt zum 1:2-Anschlusstor. In der Entstehung ist es eine Zwillingsgeschichte zur vorherigen Elfmeterszene. Johannfunke gibt es bei Lippe-Kick zu: „Durch einen glücklichen Elfmeter vor der Pause sind wir wieder ins Spiel gekommen.“

 

Lemgoer reklamieren irregulären Treffer

 

J. Wültner

Mit diesem Tor im Rücken sind die Ahmser motiviert, agil und bestimmen über 20, 25 Minuten das Spielgeschehen im zweiten Durchgang. Im Defensivbereich zeigen sie zudem mehr Sorgfaltspflicht, gewinnen zunehmend die Oberhand im Maschinenraum, dem Mittelfeld. Der taktische Kniff dahinter: Johannfunke verändert ein wenig das taktische System, stellt etwa auf Dreierkette um, zieht Lehbrink auf die Rechtsaußenposition. Ein genialer Schachzug, denn auf dieser Position ist der Freigeist von den Lemgoern nicht mehr zu greifen. Die Folge ist die Wende in diesem Spiel. Erst gleicht der eine Minute zuvor eingewechselte Julian Wültner (47. Min.) aus. Dass dieses Tor gefallen ist, ärgert Rawe und seine Jungs maßlos. Den langen Ball, der auf Seifert gespielt wird, sehen die Gäste nämlich klar im Abseits. Rawe kritisiert: „Für Seifert ist der Ball zu hoch, aber er greift aktiv ein, indem er unserem Innenverteidiger mit dem Körper und Oberarm in den Rücken geht, wodurch der keine Chance hat, gegen den einlaufenden Torschützen einzugreifen. Das muss ganz klar abgepfiffen werden“, vermisst er hier den Pfiff von Referee Jonas Engelke.

 

Tolle Ahmser Moral und Charakterstärke

 

J. Heidemann

Nach einer knappen Stunde Spielzeit erzielt Jan Heidemann das 3:2-Siegtor. Hier ist es ein Tiefenpass, der die unsortierte TBV II-Abwehr entblößt. Rawe vermutet, dass Heidemann „knapp im Abseits gewesen sein könnte.“ Zugleich beweist er indes auch zunächst etwas Milde: „Da mache ich erstmal keine Vorwürfe ohne Linienrichter.“ Um sodann die mangelnde Verhältnismäßigkeit anzuprangern: „Aber wir hatten in der ersten Halbzeit genau die gleiche knappe Entscheidung, bei der Ehlert frei durch zurückgepfiffen wird. Rawe moniert obendrein bei Lippe-Kick: „In den letzten 20 Minuten haben wir zwar wieder die Kontrolle, aber sind bis auf einen Pfostenschuss von Ehlert nicht mehr zwingend genug.“ Johannfunke freut sich vor allem über die grandiose Moral und die charakterlich so feine Vorstellung seiner Jungs: „Nach dem 2:0 von Lemgo haben wenige noch auf uns gesetzt. Wir haben eine starke zweite Halbzeit gespielt, und sind nicht ganz unverdient auf Platz zwei gesprungen.“ Schließlich hat im Parallelspiel der SV Werl-Aspe überraschend sein Heimspiel mit 0:2 gegen den TuS Brake verloren.

 

 

Rawe-Frust über Theatralik und eigenen Leistungsabfall

 

B. Rawe

Benjamin Rawe prangert so einige Dinge an, die ihm mächtig gegen den Strich gehen: „Dass Käufer für sein grobes Foul gegen Ehlert beim Elfer kein Gelb sieht, verstehe ich nicht. Dass Tönsmann bei einem taktischen Foul und zwei weiteren Fouls alleine in der ersten Halbzeit kein Gelb sieht, verstehe ich auch nicht.“ Ergänzend führt er fort: „In der ersten Halbzeit wird eine Aktion im Fünfer als Stürmerfoul gewertet, obwohl unser Stürmer eher am Ball ist als deren Keeper. Da hätte Sasse nur noch ins leere Tor einschieben müssen.“ Ergo resümiert er: „Also ganz viel Frust über mehrere Entscheidungen, teilweise auch über die Theatralik von Ahmsen (Tönsmann nach Foul gegen ihn mit zehnfacher Neymar-Rolle), aber auch über den eigenen Leistungsabfall in der zweiten Hälfte.“

 

 

 

Fazit: Was für ein spannendes Match, welches der TuS Ahmsen dank einer überragenden Moral und einem vorbildlichen Team-Geist für sich entscheiden kann. Die Emotionen sind neben fußballerischer Klasse ebenfalls zahlreich vorhanden. Ein aufregendes Spiel in der Werrekampfbahn.

 

 

 

Tore:
0:1 Jan Ehlert (20. Min.)
0:2 Vitali Rachlinski (per Elfmeter; 35. Min.)
1:2 Niclas Lehbrink (per Elfmeter; 43. Min.)
2:2 Julian Wültner (47. Min.)
3:2 Jan Heidemann (59. Min.)

 

Details

Datum Zeit Liga Saison Spieltag
3. April 2022 90' Kreisliga A Lemgo 2021/22 20

Spielort

Werrekampfbahn
TuS Ahmsen, 1, Am Sportplatz, Biemsen-Ahmsen, Bad Salzuflen, Kreis Lippe, Regierungsbezirk Detmold, Nordrhein-Westfalen, 32107, Deutschland

Ergebnisse

Club1st Half2nd HalfGoalsSpielausgang
TuS Ahmsen123Win
TBV Lemgo II202Loss

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